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Gesundheit und Pflege im Koalitionsvertrag der Ampel

Inhaltsverzeichnis

Koalitionsvertrag häusliche Pflege

Durchweg positiv, wenn er realisiert wird – der Koalitionsvertrag und die Pflege
Seit Jahren beklagen nicht nur Experten die eklatanten Mängel im Gesundheitswesen. Besonders die Arbeitsbedingungen in der Pflege mit ihren durchgetakteten Strukturen haben immer wieder Kritik auf sich gezogen.

Der Koalitionsvertrag 2021 zwischen SPD, Grünen und der FDP hat sich dem Thema nun in bemerkenswerter Weise angenommen. Im Folgenden erfahren Sie mehr zum Thema: Gesundheit und Pflege im Koalitionsvertrag der Ampel

Durch die Pandemie wurde für alle offensichtlich, was die Beschäftigten im Gesundheitssystem und betroffene Patienten bereits seit längerer Zeit kritisieren: Die Zeitvorgaben in der Pflege sind zu eng und verhindern eine menschliche Zuwendung.

Nicht zuletzt deshalb wird der Beruf oft auch psychisch zu einer Belastung für die Beschäftigten. Nicht wenige Pflegekräfte mussten deshalb bereits ihr Arbeitskontingent reduzieren. Das führt aktuell dazu, dass trotz zusätzlicher Fördergelder nach zwei Jahren Corona auf den Intensivstationen nur noch die Hälfte der Krankenhausbetten vorgehalten werden kann. Mit Folgen für die Versorgung, denn die Krankenhäuser arbeiten erneut an der Kapazitätsgrenze.

Die Ampel-Koalition ist sich der Probleme im Gesundheitswesen bewusst und teilt die Ansichten der Beschäftigten und Patienten. „Wir sorgen für eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung und eine menschliche und qualitativ hochwertige Medizin und Pflege.

„Wir verbessern die Arbeitsbedingungen der Gesundheitsberufe und Pflegekräfte“

, so der Vertrag gleich zu Beginn des Abschnitts „Pflege und Gesundheit“.

Bessere Bedingungen für die Pflegekräfte und geminderter Eigenanteil

Wie von den Kritikern der aktuellen Zustände erhofft, setzen sich die beteiligten Fraktionen besonders mit der der unzureichenden Vergütung auseinander. Für die besonderen Leistungen in Zeiten der Pandemie erhält das Pflegepersonal in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Gesundheitseinrichtungen deshalb insgesamt eine Milliarde Euro vom Bund. Bleibt der jährliche Pflegebonus unter 3 000 Euro, verzichtet das Finanzamt auf seinen Steueranteil.

Wenn ein Patient in seiner häuslichen Umgebung gepflegt wird, entsteht oft ein hoher Eigenanteil. Ab dem 1.1.2022 sollen prozentuale Zuschüsse diesen Anteil senken. Anschließend will die Koalition die Entwicklung beobachten und die Zuzahlungen gegebenenfalls erhöhen.

Entlastung für pflegende Angehörige

Die Betroffenen werden außerdem durch buchungstechnische Umschichtungen entlastet. So gehört die Ausbildungskostenumlage in Zukunft nicht mehr zu den Eigenanteilen. Die Rentenbeiträge der pflegenden Angehörigen und durch die Pandemie verursachte Zusatzkosten werden künftig aus Steuermitteln finanziert.

Wie bereits in der Vergangenheit üblich, plant auch die zukünftige Bundesregierung eine Anhebung des Pflegegelds. Die zugehörigen Gesetze, etwa das Pflegezeitgesetz, werden verbessert mit dem Ziel, den pflegenden Angehörigen mehr Flexibilität zu ermöglichen. Entstehen durch den Pflegeaufwand Auszeiten im Beruf, stehen in Zukunft staatliche Lohnersatzleistungen zur Verfügung.

Die Pflegeversicherung auf dem Prüfstand

Das Bündnis will prüfen, die bereits bestehende Pflegeversicherung mit einer „paritätisch finanzierten Vollversicherung“ zu ergänzen. Damit sollen auf freiwilliger Basis die Pflegekosten dann komplett abgedeckt sein. Bis 2023 wird eine Expertenkommission entsprechende Vorschläge erarbeiten. Ob diese zusätzliche Versicherung auch für Privatversicherte in Frage kommt, bleibt abzuwarten.

Für die Intensivpflege bleibt es bei bei der freien Wahl des Aufenthaltsorts. Die aktuelle Gesetzeslage wird überprüft und angepasst mit dem Ziel einer „rechtssicheren Grundlage“ für eine 24-Stunden-Betreuung im häuslichen Bereich. Niemand soll gezwungen sein, wegen seines pflegeintensiven Gesundheitszustands in einem Heim untergebracht zu werden.

Die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte

Die „Dramatik der Situation in der Pflege“ ist den Koalitionären Anlass genug, auch die Arbeitsbedingungen deutlich zu verbessern. Schon in nächster Zeit werden sie die „Pflegepersonalregelung 2.0“ einführen, die vom Deutschen Pflegerat gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Gewerkschaften entwickelt wurde. Im Vergleich mit der bisherigen Personalregelung erhöht sich damit der Zeitbedarf pro Patient um 8,1 Prozent.

Außerdem verbessert die Ampel auch besonders die Löhne der Beschäftigten, verschwinden soll der Gehaltsunterschied zwischen der Kranken- und der Altenpflege. Der Pflegeberuf wird insgesamt attraktiver , und zwar durch Steuerbefreiungen von Zuschlägen und die Abschaffung der geteilten Dienste. In Zukunft muss der Träger der Einrichtung eigene Springerpools vorhalten, um in Belastungsspitzen flexibel zu bleiben und die Beschäftigten nicht zusätzlich zu belasten.

Ambulante vs. Stationäre Versorgung

Mit den Bundesländern gemeinsam verbessert der Bund sie sektorunabhängige Versorgung. Kommunal getragene Versorgungszentren sollen das medizinische Angebot in den ländlichen Regionen verbessern, ergänzt durch „Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen“. Die sogenannte „Community Health Nurse“ ist bereits in einigen Teilen Skandinaviens und in den USA erfolgreich aktiv. Mit dem hierzulande neuen Berufsbild erhalten diverse Patientengruppen einen kompetenten Ansprechpartner im Gesundheitswesen. Besonders junge Schwangere, chronisch Kranke und pflegebedürftige Ältere profitieren, Ärzte besonders auf dem Land werden entlastet. Das viel beklagte Honorar-Budget für den Hausarzt entfällt, was die Versorgungssituation vieler Patienten verbessert.

Psychische Erkrankungen nicht länger stigmatisieren

Noch immer kommt es zu Stigmatisierungen psychisch kranker Menschen, ganz gleich ob sie in entsprechenden Einrichtungen oder zu Hause leben. Die zukünftige Regierung will dem durch eine Aufklärungskampagne entgegenwirken. Die leidigen Wartezeiten auf den Behandlungsplatz bedürfen dringend einer Korrektur, besonders bei Kindern und Jugendlichen, aber auch im ländlichen Raum.

Nach dem Willen der verhandelnden Politiker entstehen Kapazitäten, die dem Bedarf auch von komplexen Erkrankungen entsprechen, mit einem vielfältigen ambulanten Leistungsspektrum. Der stationäre Sektor ist zukünftig in der Lage, die psychotherapeutische Versorgung entsprechend den Leitlinien anzubieten mit einer Personalausstattung, die dem Bedarf entspricht. Eine psychiatrische Notfallversorgung soll in Zukunft auch in ländlichen Regionen vorhanden sein.

Die Ausstattung und Finanzierung der Krankenhäuser

Der bisherige Sparkurs im Gesundheitswesen hatte auch Einfluss auf die Behandlung in Krankenhäusern. Kurze Liegezeiten und „blutige Entlassungen“ wurden von den Patienten nur widerwillig hingenommen. Entsprechend dem Koalitionsvertrag 2021 wollen die Politiker auch hier einen Bund-Länder-Pakt auf den Weg bringen. Die Reformen sollen zu einer bedarfsgerechten Krankenhausversorgung führen. Die Regierung setzt eine Kommission ein, die kurzfristig die erarbeiteten Empfehlungen vorlegt.

Kriterien für die zu benennenden Versorgungsstufen und Leistungsgruppen sind die Wohnortnähe und die demographische Entwicklung der Region. An diesen Vorgaben hat sich die Krankenhausplanung zu orientieren, um eine optimale Versorgung zu ermöglichen.

Die Kommission erarbeitet außerdem Vorschläge, mit denen die Finanzierung der Häuser diesem Bedarf anzupassen ist. Das bisher praktizierte System erfährt eine Ergänzung durch Versorgungsstufen, die den jeweiligen Leistungsumfang definieren. Die Kliniken arbeiten demnach zukünftig mit einem Leistungsspektrum vom Primärangebot über die Regel- oder Maximalversorgung bis hin zu dem einer Universitätsklinik. Auch die Finanzierung von Notfallversorgung, Kinderkliniken und Geburtshilfe wird den aktuellen Anforderungen angeglichen.

Die Rechte der Betroffenen

Die bereits bestehende Unabhängige Patientenberatung (UPD) wird zu einer dauerhaften Einrichtung mit unabhängiger Struktur jenseits von allem staatlichen Einfluss. Die wesentlichen Patientenorganisationen sind an der neuen Organisation beteiligt.

Gemeinsamer Bundesausschuss

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll Entscheidungen in der Selbstverwaltung beschleunigen. Eine stärkere Patientenvertretung und verbesserte Partizipationsmöglichkeiten der Gesundheitsberufe führen zu einer verbesserten Integration des Gesundheitssystems. Der Innovationsfonds ist nach dem Willen der Ampel bald eine stetige Einrichtung. Besondere Projekte, die der Fonds bereits erfolgreich fördern konnte, sollen bald zur Regelversorgung gehören. Innerhalb des bestehenden Haftungssystems kommt es bei einem Behandlungsfehler zu einer Stärkung der Rechte der Patienten. Die zukünftige Regierung plant einen Fonds für Härtefälle, allerdings mit limitierten Ansprüchen der Geschädigten.

Neugestaltung der Öffentlichkeitsarbeit

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird laut dem Koalitionsvertrag 2021 umfassend reformiert. Sie gehört zukünftig zu dem neu geschaffenen Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit, das dem Gesundheitsministerium zugeordnet ist.

Von hier gehen dann aus sämtliche Aktivitäten im Bereich Public Health, der Gesundheitskommunikation, aber auch die Vernetzung im öffentlichen Gesundheitsdienst ist in dieser Behörde angesiedelt. Nach wie vor weisungsgebunden ist die wissenschaftliche Arbeit des Robert-Koch-Institus.

Der Gesamteindruck: Überwiegend positiv

Der Koalitionsvertrag 2021 greift eine Reihe von Schwächen im Gesundheitsbereich auf, die zum Teil seit Jahren bekannt waren, von der Vorgängerregierung jedoch anhaltend ignoriert wurden.

Allerdings handelt es sich zunächst nur um eine Willenserklärung, die noch der Umsetzung bedarf. Beobachter zweifeln, ob sich alle Vorhaben tatsächlich realisieren lassen.

Ob etwa auch die private Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung ausgebaut werden kann, bleibt bei einer Beteiligung der FDP zweifelhaft.

Denn von den Freien ist kaum zu erwarten, dass ihre Klientel eine Gleichstellung mit den gesetzlichen Kassen widerspruchslos akzeptiert.

Der Gesamteindruck: Überwiegend positiv

Der Koalitionsvertrag 2021 greift eine Reihe von Schwächen im Gesundheitsbereich auf, die zum Teil seit Jahren bekannt waren, von der Vorgängerregierung jedoch anhaltend ignoriert wurden.

Allerdings handelt es sich zunächst nur um eine Willenserklärung, die noch der Umsetzung bedarf. Beobachter zweifeln, ob sich alle Vorhaben tatsächlich realisieren lassen.

Ob etwa auch die private Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung ausgebaut werden kann, bleibt bei einer Beteiligung der FDP zweifelhaft.

Denn von den Freien ist kaum zu erwarten, dass ihre Klientel eine Gleichstellung mit den gesetzlichen Kassen widerspruchslos akzeptiert.

VdK sieht seine Forderungen erfüllt

Der VdK hingegen sieht mit der Anhebung des Pflegegelds seine langjährige Forderung erfüllt. Denn allzu lange war die häusliche Pflege für die Betroffenen auch ein finanzielles Risiko, dem mit den nun vorgelegten Maßnahmen ein Riegel vorgeschoben wird. Dringend notwendig die Pflegezeit für einen Angehörigen, der noch einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. Auch die geplante Lohnersatzleistung gehört zu den langjährigen Forderungen des VdK. Kritisch sieht der Verband jedoch, dass die Pflegevollversicherung nur auf freiwilliger Basis eingeführt wird und unverbindlich bleiben soll. Er befürchtet sogar, die allgemeine Vollversicherung für alle könnte damit in weite Ferne gerückt sein.

Auch der Deutsche Pflegerat (DPR) gibt sich zuversichtlich. Christine Vogler, seine Präsidentin, sieht das Motto der Verhandler für den Pflegebereich erfüllt. „Mehr Fortschritt wagen“ bedeute im Gesundheitswesen, für bessere Arbeitsbedingungen und verlässliche Finanzierungen zu sorgen, und die Koalition sei in diesen Fragen ihren Ansprüchen gerecht geworden.

Allerdings lehnt der DPR eine Befragung der Beschäftigten über die Selbstverwaltung in der Pflege ab. Eine derartige Entscheidung habe in den zuständigen Parlamenten stattzufinden. Grundsätzlich zeigt sich der Pflegerat von den beschlossenen Maßnahmen überzeugt. Schwierigkeiten erwartet allerdings auch er bei der Umsetzung, die möglichst bald erfolgen sollte.

Aus Sicht des AOK-Bundesverbands enthält der gestern veröffentlichte Koalitionsvertrag gute Ansätze zu den Themen Gesundheit und Pflege, jetzt komme es auf die konkrete Umsetzung an.

  • Ärztezeitung

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